Österreich, die “Insel der Seligen” beim Thema Datenschutzverstöße

Am 25. Mai ist es soweit, die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union tritt in Kraft. Die neuen strengen Regeln und sensiblen Strafen für Unternehmen sollen dem Datenschutz neue Impulse geben. In Österreich ist die DSGVO nicht so heiß wie Heise gezeigt hat – Ausnahmen sind geplant, Strafen sollen nur bei Wiederholung verhängt werden. Tatsächlich sollte die DSGVO die Bürger und ihre personenbezogenen Daten schützen. Im Prinzip also gut. Die österreichische Regierung sieht dies jedoch nicht eng und hat nun einige Aufweichungen vorgenommen:

1. Unternehmen: Management muss eingebunden werden

Für die heimische Wirtschaft gibt es zunächst einmal eine gute Nachricht: Es gibt zwei Aspekte: Verstößt ein Unternehmen erstmals gegen die DSGVO, wird es abgemahnt und muss keine Bußgelder zahlen. Zudem haben „normale“ Mitarbeiter fast keine Freiheit für Narren – solange die internen Kontrollen wirksam sind, muss das Unternehmen für deren Verstöße nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden. Erst wenn das Management selbst (zum zweiten Mal) gegen das Gesetz im Sinne der DSGVO verstößt, wird es bestraft. Sehr praktisch…

2. Projektbefugnis und Strafen für Wiederholungstäter

Der oben beschriebene “erste Verstoß” ist allgemein anwendbar. Nur bei wiederholten Verstößen greifen Datenschutzbehörden je nach „Verhältnis“ ein. Noch besser stellt sich die Situation für „Behörden“ dar, da sie von Bußgeldern befreit sind, die bis zu 4% des Jahresumsatzes betragen können.

3. Spionage im Ausland – einschließlich ausländischer Geheimdienste

James Bond möchte Österreich, weil Spione nicht der Richtlinie unterliegen. Nicht nur Österreicher, sondern alle Geheimdienste, unabhängig von ihrer Nationalität.

4. Die “Süßigkeiten” von Künstlern, Journalisten und Wissenschaftlern

Im Namen der Meinungsfreiheit können die Medien auch neue Vorteile genießen: Sie können das zweite, dritte, vierte, fünfte, sechste, siebte und neunte Kapitel der DSGVO ignorieren und die Erlaubnis einholen, personenbezogene Daten für Nachrichtenzwecke zu verwenden. Darüber hinaus gilt das Redaktionsgeheimnis auch für Datenschutzbehörden.

Entsprechende Passage im O-Ton:

„Auf die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch Medieninhaber, Herausgeber, Medienmitarbeiter und Arbeitnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes zu journalistischen Zwecken des Medienunternehmens oder Mediendienstes finden die Bestimmungen der DSGVO keine Anwendung. Die Datenschutzbehörde hat bei Ausübung ihrer Befugnisse gegenüber den im ersten Satz genannten Personen den Schutz des Redaktionsgeheimnisses zu beachten“

Ebenfalls aufgeweicht wurden Module der DSGVO für künstlerische, literarische und wissenschaftliche Zwecke.

Damit ist trotzdem zu jedem Zeitpunkt noch nicht Schluss: Über ebendiese vollständigen Ausnahmen hinaus wird gleichfalls die Videoüberwachung vereinfacht. Wenn es darum geht, jemanden zu sichern, darf sie eingesetzt werden.

Wie du siehst, existieren für sämtliche vorstellbaren Personengruppen bzw. Firmen Ausnahmen, Privilegien & Co. Im Gegensatz dafür werden jenen, die gegen Datenschutz-Verstöße begehen, in Zukunft Steine in den Weg gelegt. Speziell hart trifft es gemeinnützige Einrichtungen wie nyob von Max Schrems (er wurde mittels seine Klagen gegen Facebook bekannt), die bisher für Opfer von Datenschutzverletzungen vor Gericht gezogen sind. Ihnen wird die finanzielle Basis ihrer Tätigkeit entzogen, da sie nicht hierzu berechtigt sind, von Tätern Schadenersatz zu erwarten.

Am 20. April von FPÖ & SPÖ beschlossen

Wie ist es allerdings sofort, kurz vor Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung, global noch zu diesen Änderungen gekommen? Das Ganze hat einen politischen Hintergrund. Am 11. April wurde an sich noch die „alte“ Gesetzesversion ohne Aufweichungen im Verfassungsausschuss bestätigt – trotz alledem anschließend nicht vom Nationalrat, wo die Sozialdemokraten gegen das Gesetz in seiner Ursprungsform stimmten. Nach einigem Hin und Her wurde letzten Endes am 20. April ganz plötzlich das „aufgeweichte“ Gesetz von FPÖ und ÖVP beschlossen. Eine böse Überraschung für all diese, die Wert auf Datensicherheit legen und in der neumodischen DSGVO eine Chance für vergleichbare Verbesserungen in der Europäischen Union gesehen haben.


Erstellt am: 09/02/2021

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