Interview mit Perfect-Privacy! “Ansichten eines VPN-Anbieters.”

Freie Meinungsäußerung
Freies Interview

Hallo, da ich viele Kontakte in der VPN Branche unterhalte, wollte ich für Euch heute einmal einen Anbieter interviewen: Perfect-Privacy! Viel Spaß beim Lesen. (Interview vom 03.02.2016, per Live-Chat)

Hallo, danke für die Gelegenheit ein Interview zu führen. Wir sind ja auch in bewegten Zeiten und daher freut es mich besonders Ihre Meinung dabei zu erfahren.

Perfect-Privacy hat sich ja dem Schutz der Privatsphäre verschrieben. Seit wann?

Perfect Privacy existiert seit 2008; seitdem setzen wir uns für die
Privatsphäre und Anonymität unserer Nutzer ein. Von Anfang an sahen
wir die Sicherheit unserer User als höchste Priorität an. Daher ist
unsere Infrastruktur so angelegt, dass weder Traffic noch
IP-Adressen geloggt werden – alle Dienste laufen ausschließlich auf
RAM-Disks. In den vergangenen acht Jahren haben wir kontinuierlich
unseren Serverpark und Funktionalität weiter ausgebaut.

 

In den Medien wird immer davon berichtet, dass “Verschlüsselung” dem Terror hilft und daher verboten sein sollte. Was denkt Ihr dazu?

Wie bereits mehrfach nachgewiesen, beruht diese Aussage auf keinerlei
Fakten. In keinem der vergangenen terrorbezogenen Anschlägen spielte
Verschlüsselung eine Rolle. Zudem haben Geheimdienste und
Ermittlungsbehörden ganz andere Methoden, um Täter zu identifizieren,
selbst wenn Verschlüsselung genutzt wird.

Wir halten Verschlüsselung für ein Grundrecht jedes Menschen; es gibt
viele völlig legitime Anlässe, seinen sensitiven Datenbestand zu
schützen. Beispielsweise familäre Angelegenheiten möchte man
normalerweise unter sich behalten. Schließlich gibt es auch ein
Briefgeheimnis, das gleiche sollte auch für Kommunikation im Internet
gelten.

 

Könnt Ihr ausschließen, dass Eure Kunden illegale Dinge über Euer Netzwerk tun?

Nein. Da wir keine Nutzeraktivitäten oder IP-Adressen speichern,
wissen wir auch nicht, welche Tätigkeiten unsere Nutzer nachgehen.
Allerdings ist laut unseren Nutzungsbedingungen der Missbrauch unseres
Dienstes für illegale Aktivitäten untersagt. S

Von Zeit zu Zeit erhalten wir Meldungen über versuchte Angriffe auf
Server oder Ähnliches, aber Anhand der Menge können wir einschätzen,
dass der überwiegende Teil unserer Nutzer keinerlei solcher Probleme
verursacht.

 

Aber ist es nicht so, dass man dabei automatisch in einen Gewissenskonflikt gerät?

Für uns stellt sich kein Konflikt dar. Wie zuvor erwähnt halten wir
Verschlüsselung und ein Recht auf Privatsphäre für ein Grundrecht und
wir bieten die Technologie und Infrastruktur, um dies zu
gewährleisten. Wie jede Technologie, kann diese für gute und schlechte
Dinge eingesetzt werden. Die überwiegende Mehrheit unserer Nutzer hat
ein schlechtes Gefühl dabei, Daten unverschlüsselt durchs Netz zu
schicken. Deshalb möchten Viele Ihre Kommunikation grundsätzlich vor
neugierigen Blicken schützen.

 

Ihr habt als Unternehmensstandort die Schweiz angegeben, und die Verrechnung findet über Panama statt? Warum habt Ihr das so gewählt?

Der Firmensitz ist in der Schweiz – auch für Abrechnungszwecke.
Lediglich die technische Implementation (Betrieb der Server) wird über
den Standort Panama realisiert.

 

Das Urheberrecht wird, wenn man den Medien glauben schenkt ja mit Füssen getreten, von “kriminellen” Nutzer rund um den Erdball. Werden Eure Server auch für Filesharing genutzt?

Ja, wir erlauben Filesharing auf unserer Infrastrktur.
Filesharing-Protokolle wie BitTorrent sind ein wichtiger Teil des
Internets. Wir gehen nicht davon aus, dass Filesharing-Protokolle
ausschließlich für Urheberrechtsverletzungen ausgenutzt werden – auch
wenn dies unbestreitbar ein maßgeblicher Teil ist. Im Sinne der
Netzneutralität möchten wir nicht grundsätzlich Protokolle
diskriminieren.

 

Könnt ihr Euch auf Dauer dem Druck der Urheberrechtsanwälte entziehen?

Bisher haben wir damit keine Probleme. Nahezu alle Anfragen
diesbezüglich baruhen auf DMCA (Digital Millenium Copyright Act), was
nur in den USA wirksam ist und daher für uns keine Rolle spielt.

 

Was passiert, wenn ein VPN-Standort aufgrund Eurer Einstellung dazu nicht mehr zu halten wäre?

In diesem Fall würden wir den Standort einstellen. Bereits jetzt
reagieren wir auf solche Probleme mit diversen Maßnahmen: So sind auf
den US-Servern die populären Torrent-Tracker blockiert, weil uns bei
DMCA-Verstößen sehr schnell der Server gekündigt wird.

 

Im Gegensatz zu anderen Anbietern erscheint Ihr auf dem ersten Blick als sehr hochpreisig. Warum ist dies so?

Wir sehen uns als Premium-Dienstleister, der einen hochqualitativen Service mit Features bieten, die bei anderen Anbietern fehlen: Um eine höhere Sicherheit, Stabilität und Bandbreite zu gewährleisten setzen wir ausschließlich vollwertige (dedizierte) Server ein – viele VPN-Provider nutzen stattdessen vorwiegend VPS-Systeme, die Server-Resourcen mit anderen VPS-Instanzen teilen. Zudem erlauben wir eine unbegrenzte Anzahl an gleichzeitigen Verbindungen, erzwingen keinerlei Traffic-Limits, bieten kaskadierte Verbindungen über mehrere Server, Port-Forwarding und vieles mehr. Einen wesentlichen Teil unserer Einnahmen reinvestieren wir in die Pflege und Sicherheit unserer Infrastruktur; unsere Server werden rund um die Uhr gepflegt und sind so auch bei neu auftretenden Sicherheitslücken umgehend aktualisiert und gesichert. Und natürlich investieren wir auch laufend in zusätzliche Server in bestehenden und neue Standorte.

Der durchschnittliche Preis für VPN-Zugänge ist in den letzten Jahren stark nach unten gegangen. Das liegt daran, dass seit den Snowden-Enthüllungen dutzende oder gar hunderte neuer VPN-Provider entstanden. Davon siedelten sich viele im unteren Preissegment an, um so die meisten Kunden zu gewinnen. Wir fokussieren uns stattdessen lieber auf einen sicheren und zuverlässigen Service.

Die Aufrechterhaltung der Premium-Server ist zwar mit etwas höheren Kosten verbunden, aber unsere Nutzer sind gerne bereit, einen etwas höheren Preis für bessere Qualität, Sicherheit und Stabilität zu bezahlen.

 

Ist es nicht auch möglich zu sehr niedrigen Kosten auch einen sicheren Service anzubieten?

Sicherlich ist dies möglich aber es geht ja um wesentlich mehr als
das: Neben Sicherheit will man als Nutzer vor allem zuverlässige
Server, hohe Bandbreite, keinerlei Einschränkungen für Traffic und
guten, schnellen Support. All dies muss auch bezahlt werden und
spiegelt sich im Preis wieder.

William Bonney, der ehemalige technische Direktor der NSA, hat in einem vor Kurzem stattgefunden Interview klargemacht, das er davon ausgeht, dass jeder PC und auch jedes Gerät bereits kompromittiert wurde oder zumindest auch über die Vordertüre überwacht wird. Was denkt Ihr darüber?

Ich nehme an, Du beziehst Dich hierauf:
https://hide-my-ass-anonym.blogspot.com/2016/01/interview-william-bonney-ex-nsa-direktor.html

– wo Bonney Fragen von derStandard.at-Lesern beantwortet hat)
> Dort sagte er “Die NSA überwacht jedes elektronische Gerät”.

Natürlich können wir diese Aussage nicht auf Wahrheitsgehalt
überprüfen, aber man sollte ruhig einmal davon ausgehen, dass dem so
ist. Bleibt die Frage, was mit “überwacht” genau gemeint ist: Dass die
NSA nicht nur Meta- sondern auch inhaltliche Daten von so gut wie
aller Kommunikation abhört und speichert, ist seit Snowden hinlänglich
bekannt. Aber gerade deswegen ist stark verschlüsselter Datenverkehr
umso wichtiger, denn dies sorgt immerhin dafür, dass Inhalte verborgen
bleiben. Etablierte Protokolle wie OpenVPN mit korrekter Konfiguration
gelten auch heute noch als hinreichend sicher, so dass auch die NSA
die Daten nicht entschlüsseln kann.

In der Praxis haben Geheimdienste aber eine nahezu unbegrenzte Auswahl
an anderen Möglichkeiten, ein Ziel zu identifizieren oder abzuhören.
Einem quasi unbegrenztem Budget und dem bestmöglichst qualifizierten
Personal kann kein Individuum standhalten. Daher sagen wir auch
explizit, dass wir unsere Nutzer nicht vor Geheimdiensten schützen
können. Dazu bedarf es weit mehr als nur die Nuzung eines VPN-Dienstes.

 

Wie wirkt sich Massenüberwachung auf unsere Gesellschaft aus?

Wir glauben ehrlich gesagt, dass es zu früh ist, diese Frage zu
beantworten. Der Großteil der westlichen Bevölkerung – der Mainstream
– ist sich erst seit den Snowden-Enthüllungen langsam bewusst
geworden, welches Ausmaß der Überwachungswahn von Staaten, Behörden
und Geheimdiensten genommen hat.

Wir konzentrieren uns auf das Positive dieser Lektion: Immer mehr
Leute werden sich bewusst, dass Ihre Privatsphäre schützenswert ist
und das sie dem Staat nicht vertrauen können, diese zu respektieren.
Die zunehmende Nachfrage nach Anonymisierungsdiensten wie VPN-Provider
zeigt, dass sich die Bevölkerung aktiv dagegen wehrt, überwacht zu
werden. Wie sich diese Lage aber insgesamt weiterentwickelt, ist
derzeit kaum zu prognostizieren. Wir werden mit unseren VPN-Dienst
einen kleinen Teil für den Schutz der Privatsphäre beizutragen.

 

Wie hat Anonymität im Internet mit “Freiheit” etwas zu tun?

Anonymität ist ein Aspekt von Freiheit. Es gibt gute Gründe, sich im Internet anonym zu bewegen. Beispielsweise wenn man Hilfe bei psychologischen Problemen sucht (Selbsthilfegruppen). Aber auch bei relativ trivialen und alltäglichen Aktivitäten gibt es gute Gründe, anonym bleiben zu wollen. Wer gerne auf Sociel-Media-Plattformen aktiv ist, zieht oft einen Zweit-Account vor, der anonym ist: Schließlich besteht eine gute Chance, dass Familienmitglieder oder der Chef auch einen Auge auf diese Medien hat.

 

Verwendest Du selbst TOR?

Wir bei Perfect Privacy verwenden alle Tor, da die technischen Aspekte
für uns relevant sind. Zudem unterstützen wir Tor auf unserer
Serverstruktur, so dass Perfect-Privacy-Nutzer auf .onion-Adressen
zugreifen können.

Ob wir privat Tor benutzen ist eine andere Frage… und Teil unserer
Privatsphäre

 

Nutzen viele Eurer Kunden die Anbindungsmöglichkeit an das ONION Netzwerk?

Dazu können wir keine Aussage machen, da wir keinerlei
Verbindungsdaten erheben.

 

Vielen Dank für Deine Zeit und die sehr interessanten Antworten.

Ich werde dieses Interview im Anschluß sofort auf meiner Seite veröffentlichen und bin mir sicher, dass viele Leser darin sich auch ein besseres Bild von Euch (Perfect-Privacy) machen können! Danke und ich hoffe, bis bald wieder.


Erstellt am: 02/03/2016

2 Gedanken zu “Interview mit Perfect-Privacy! “Ansichten eines VPN-Anbieters.””

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