EU will Datenherausgabe massiv beschleunigen

Die Geheimdienste bzw. Sicherheitsbehörden haben es auch nicht immer leicht: Einen Kriminellen im Visier und dann entwischt er, weil die Informationsweitergabe über verschiedene Länder hinweg einfach zu lange gedauert hat. Du kannst dir vorstellen, dass ein solches Malheur gar nicht gut ankommt. Deswegen soll das Risiko dazu jetzt auch abgeschafft werden: Wenn es nach der EU geht, müssen digitale Beweise in Zukunft viel schneller zur Verfügung stehen. Ganz egal, wo sie sich befinden. Ein Vorhaben, das aber natürlich scharfe Kritiker auf den Plan gerufen hat …

Momentan 120 Tage bis 10 Monate Wartezeit

Eine monatelange Wartezeit auf wichtige digitale Beweise ist nun wirklich nicht unbedingt optimal. Und tatsächlich kann eine länderübergreifende Abfrage in Europa momentan (noch) 120 Tage bis 10 Monate dauern. Eindeutig zu lange, um schwere Verbrechen sinnvoll aufklären zu können. Anstatt dieser extra-langen Frist sollen Firmen, die in Europa tätig sind, laut EU-Vorschlag binnen zehn Tagen Daten (E-Mails etc.) liefern. Und wenn es sich um einen Notfall handelt, sogar binnen sechs Stunden. EU-Justizkommissarin Věra Jourová meint dazu in einer Pressemitteilung: „Während viele Straftäter die modernsten und schnellsten Technologien nutzen, müssen sich die Strafverfolgungsbehörden mit überholten, schwerfälligen Verfahren herumschlagen.“ Da hat sie natürlich recht. Wie oft wird kritisiert, dass Polizei & Co zu langsam agieren. Wenn sie allerdings nicht die modernsten Hilfsmittel verwenden dürfen, werden ihnen unnötige Steine in den Weg gelegt. Hier findest du den EU-Vorschlag im Original.

Bisher regelten die sogenannten Rechtshilfeabkommen die Weitergabe derartiger Daten. Aber wie oben schon geschrieben, dauerte die Weitergabe damit oft sehr bzw. viel zu lange. Das ist auch darauf zurückzuführen, dass in den heutigen Zeiten von Terrorismus & Co auch die Anfragen immer mehr werden.

Zweite neue Anordnung zur Verhinderung von Daten-Löschung

Wenn schon, denn schon: Die EU holt gleich zum Rundumschlag aus, um das Problem komplett zu lösen. Zusätzlich zu ebendieser „Europäischen Vorlageanordnung“ soll die neue „Europäische Datenspeicherungsanordnung“ das Löschen von Daten verhindern. Und was ist mit Datenschutz, meinst du? Beide Anordnungen sind nur in Strafverfahren geltend, es müssen entsprechende Bedingungen vorliegen (also Schwere des Verbrechens etc.). Außerdem ist das Ganze auf höchster Ebene angesiedelt, einfach so müssen Kommunikationsdienstleister, ISPs oder auch Cloud-Anbieter sensible Daten dann auch wieder nicht herausgeben. Werden Inhaltsdaten angefordert, muss jedenfalls ein Richter in den Prozess eingebunden werden, bei Vorratsdaten zumindest ein Staatsanwalt. So der Plan.

Könnten Unternehmen unberechtigterweise auch unsere Daten herausgeben?

Wenn es um schwere Verbrechen geht, ist das sicherlich eine gute Sache. Kritiker befürchten aber, das mit diesen Anordnungen dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet werden: So sagt beispielsweise Maryant Fernández Pérez von der digitalen Bürgerrechtsorganisation EDRi: „Staaten haben rechtliche Verpflichtungen, die Grundrechte ihrer Bürger zu respektieren und zu verteidigen, Unternehmen haben diese Verpflichtungen nicht.“ Unternehmen könnten tatsächlich einfach immer Daten herausgeben, ganz egal, ob es sich um eine gerechtfertigte Anordnung handelt. Wenn dann einfach so Daten von Bürgern herausgegeben werden, sieht die Sache nicht gut aus, weil dies natürlich nicht gesetzeskonform ist. Als Lösung für diese Sicherheits-Schwachstelle nennt EDRi die Verbesserung der bestehenden Rechtshilfeabkommen.

Auch von Seiten der Grünen kommt Kritik: „Das zentrale Problem ist hier das Sägen am Grundprinzip der Territorialität exekutiver Gewalt und der damit verbundenen Rechtsstaatlichkeit“, so Ralf Bendrath, Mitarbeiter des EU-Abgeordneten Jan Philipp Albrecht. In Folge könnten sich auch andere Staaten wie China oder die Türkei dieser Rechte bedienen. Wer weiß, was dabei herauskommt … Wir sind jedenfalls gespannt, ob die EU ihre Vorschläge durchsetzen kann.

Quelle: netzpolitik.org


Erstellt am: 05/11/2018

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